spazieren gehn
los laufen ..... entlang streifen ..... die Gedanken schweifen lassen.

Die überlassen den Rhythmus den Beinen. Die Augen ruhen sich aus. Sie sehen ohne sich anzustrengen, ohne sehen zu müssen, schauen ohne Druck. Es geht bergauf, heller wird’s, die Farben verändern sich, ebenso das Licht – das Wetter war nicht gut, dachte ich, Grau in Grau, nahm ich an, aber erst einmal draußen und unterwegs stelle ich fest, dass ich mich getäuscht hatte. Es ist viel heller, fast licht. Die Augen erreichen eine Fläche, die größer ist, als man aus der Tal-Perspektive annehmen konnte. Dafür ist die nächste Schlucht enger, dunkler – einmal links um die Ecke gebogen, stehe ich unerwartet vor einer Ebene mit Monolithen, farbige Köpfe auf Felsbrocken liegen dazwischen in Bodennähe herum. Über Allem spannt sich ein silbriges Spinnennetz – dann erst kommt der Himmel. Dieselbe Szenerie aus der Distanz betrachtet, zeigt mir einen großen Baum mit feinem Geäst und der Welt dahinter.

So ungefähr ergeht es mir, betrachte ich die neuen Arbeiten von Christian Einfalt.
Und was für die „black paintings“ richtig ist, stimmt auch für die Materialbilder, die „compressions“, die „cubes“ und für seine Boden- Objekte.

Ich laufe los, lasse mich treiben, draußen, in einer anderen Welt, die natürlich drinnen ist, bei ihm im Atelier ..,  und ich schaue und staune. Wieder ist etwas Neues entstanden, diesmal die Würfel – ich muß lachen, weil sie verschmitzt da stehen, fast grinsend zu mir sprechen; verspielt ohne kindisch zu sein, frei in der Oberflächengestaltung und doch präzise in Größe und Form. Ein bisschen größer und sie wären banal, ein bisschen kleiner und sie wären lächerlich. Ohne die feinen Beine, die ihnen etwas schwebendes, kometenhaftes geben, wären sie plump.

Nur ihr Ausgangsmaterial lässt die Assoziation an „ready mades“ aufkommen. Erinnert an Recyceltes. Doch hier geht es weiter, ist die geistige Auseinandersetzung und die dann einsetzende künstlerische Behandlung, die Bearbeitung und Kompression des Materials konzeptuellen Gesichtspunkten verpflichtet.

Überlegt, Prinzipien der Ausgewogenheit, der räumlichen Wirkung und Farbigkeit ebenso verbunden wie einem hintergründigen Humor – so folgt Christian Einfalt seinen eigenen künstlerischen Kriterien und einer intellektuellen Annäherung an sein Schaffen. Ja, es handelt sich um gefundene Objekte, genauer, um Schrott, um rostige oder farbig bearbeitete Teile, die auf einem oftmals nicht als solchem erkennbaren Untergrund übermalter Ölbilder residieren und so, einer Traumlandschaft gleich, nur sporadisch aufreißen und ihre Unter- bzw Hintergründe frei geben.

Dieselbe Stimmigkeit, dieselbe Balance zwischen formalen und frei schwebend spielenden Gesichtspunkten findet sich auch in seinen Materialbildern. In ihrer dreidimensionalen Gestaltung ähneln sie Landschaften, in denen kein Zufall und keine Beliebigkeit walten. Allerorts gelten die Gestaltungskriterien reiner Malerei: Form, Farbe, Komposition. Die Kanten und Bruchstellen, die Übergänge in eine andere Farbigkeit und Größe der assemblierten Partikel wie ihrer montageartigen Anordnung im Raum geht ein intensiver Monolog des Künstlers mit sich selbst voraus. Es wird gespielt und argumentiert, gestritten und abgewogen, während sich ein Weg öffnet und ein Resultat als Kunstwerk zeigt.

Einfalt sagt: „Die Bilder der Serie „black paintings“ sind Zitate zu Projektionsebenen einer integralen Theorie des Bewusstseins.“

Doch nicht nur die „black paintings“, alle Bilder und Objekte von Christian Einfalt suchen das Bewusstsein in der Welt dahinter, die sie oftmals zugleich verstecken. Sie alle zeigen einen Kosmos, der aus mehr als nur einer einzigen Möglichkeit besteht, gleichwohl „nur“ diese Eine als Conclusio sichtbar gemacht wird.  

Einfalts Werke ragen in den Raum. Sie kommen dem Auge des Betrachters entgegen. Sie zeigen sich pur als das, was sie sind, scheuen kein Anecken, keine Entblößung. Sie bilden Körper, Körper von Landschaften; -  und sie formen in ihrer Gesamtheit auch den Ausstellungsort als Raumkörper und begehbarer Landschaft, in der ich meinen Weg suchen und mich verhalten muß.

Alles atmet und ist auf der Suche nach beständiger Ausdehnung, so scheint es. Mit jedem Blick lässt sich Neues entdecken. Im Mikrokosmos eines Quadratzentimeters wie im großen Ganzen finden sich Gestaltungswille und Genauigkeit, ein philosophisches Augenzwinkern und Dreidimensionalität.

In seiner ersten Ausstellung bei FORUM KUNST in Stift Millstatt  zeigt sich der Künstler nachdenklich und humorvoll zugleich. Einfalt sucht und findet: das Skulpturale, wie dessen Tiefe und Weite, Geist, Humor und schlussendlich Freiheit. Er folgt seinen Bildern und Objekten hinein in die räumliche Extension und spricht hier seine ganz eigene, dynamische Sprache.

Und wie immer ist Einfalt risikofreudig und frech, auf der Suche nach Essenz; nach einer wenigstens temporär gültigen Theorie, die diese künstlerische Entfaltung sichtbar und dadurch möglich macht.






Andrea K. Schlehwein
Mai 2014